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In der Republik Moldau
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Die Republik Moldau liegt östlich von Rumänien.
Chisinau ist ihre Hauptstadt. In Moldawien wird rumänisch gesprochen.
Das moldawische Rumänisch enthält einige Worte, die für
Rumänen veraltet klingen. Manche sagen, die Sprache heiße
Moldawisch, und so wird sie offiziell geführt. Ein Staatsvertrag,
der zwischen Rumänien und Moldawien abgeschlossen wurde, soll
mit dem Satz enden: Dieser Vertrag wurde in der gemeinsamen
Sprache verfasst.
Moldawien war eine Republik der Sowjetunion. Das Rumänische
wurde in kyrillischen Buchstaben geschrieben, wie bis ins achtzehnte
Jahrhundert in ganz Rumänien. Die lateinische Schrift wurde
damals eingeführt, um die Zugehörigkeit der Sprache zu
den romanischen, nicht den slawischen Sprachen zu betonen und damit
eine Ausrichtung des Landes nach Westen hin. Als die Republik Moldau
unabhängig
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wurde, hat sie sich wiederum gegen die kyrillische
Schrift entschieden.
Meine erste Russischlehrerin kommt aus Moldawien. Sie hat gesagt,
sie erinnere sich an Moldawien wie an einen üppigen und südlichen
Garten.
Jenseits des Dnjestr beginnen langsam die Steppen, und es beginnt
das Land Transnistrien. Transnistrien ist eine Republik, die 1990
ihre Unabhängigkeit erklärt hat. Sie hat 630 000 Einwohner.
Kein Land erkennt ihre Unabhängigkeit an. Es gibt eine eigene
Währung in Transnistrien, eine eigene Flagge, eigene Autokennzeichen
und eine eigene Regierung. Transnistrien ist eine sozialistische
Republik, in der in Kolchosen und Kombinaten gearbeitet wird. Telefongespräche
zwischen Moldau und seinem transnistrischen Teil sind nicht
möglich. An den Brücken des Dnjestr sind Grenzstationen
eingerichtet. Ein Panzer liegt
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unter einem Tarnnetz in der Sonne. 20 000 Mann sollen
unter Waffen stehen. Das schönste Fußballstadion des
Landes liegt hier, in der Hauptstadt Tiraspol. Es gehört dem
größten Unternehmer der sozialistischen Republik. Sein
Fußballverein heißt Sheriff Tiraspol. Seine Tankstellenkette
heißt auch Sheriff. Das Stadion ist das einzige Stadion
im Land, dass der internationale Fußballverband anerkennt.
So muss die Mannschaft der Republik Moldau zu ihren Länderspielen
ins Stadion der nicht existierenden Republik Transnistrien einladen.
Moldawien lebt vom Weinbau, und das hat es auch als Sowjetrepublik
getan. Die wirtschaftlichen Schwierigkeiten des Landes hätten
mit Gorbatschows großer Anti-Alkohol-Kampagne begonnen. Plötzlich
sollte weniger Wein produziert werden. In einem Jahr wurden
die Trauben an die Schweine verfüttert, sagt Clawdia.
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Ein Redakteur des Mitteldeutschen Rundfunks und seine
Bukarester Mannschaft begleiten uns von Rumänien nach Moldawien
und wollen mit uns nach Transnistrien reisen. Der Fahrer ist Rumäne,
der Kameramann Moldawier und der Tonmeister ein bekannter Musiker.
So etwas will organisiert werden. Zwei Leute habe ich daran
verschlissen! sagt Matthias Morgenthaler. Die interessante
Besatzung der dunklen Wagen, die neben uns bevorzugt abgefertigt
werden, identifiziert er als höhere Mafiosi. Die kräftigen
jungen Männer lockern ihre Schultern. Eine geschmückte
ältere Frau, die den Rücksitz eines Wagens einnimmt, klappt
ihr Handy verächtlich mit dem Kinn zu. Auf die warten
wir schon seit dem frühen Morgen, sollen die Grenzbeamten
Matthias gesagt haben. Daraus haben wir gelernt, dass Mercedes bei
der Mafia passé ist. Die Mafia fährt Audi.
Transnistrien stellt sich als undurchsichtiges Pflaster dar für
den Journalismus und muss verworfen werden. Wir organisieren einen
Vortrag im Puschkin-Museum des Dorfes, in dem die Eltern des Kameramannes
leben. Der Vortrag findet auf der Veranda statt. Der Riesling wird
mit Sachverstand verkostet. Von der Museumsleiterin bekomme ich
eine Rose geschenkt, Sorte Sophia Loren. Puschkin habe Rosen
geliebt. Die Mutter des Kameramanns hat ein Picknick vorbereitet
und der Vater schenkt Wein nach von dem 160-Liter-Fass, das er am
Morgen geöffnet hat. Im Park wachsen Maulbeeren und Rizinus.
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Der erste Schultag am ersten September wird in Transnistrien
nach alter sowjetischer Tradition als großes Fest begangen.
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Am zweiten September begeht Transnistrien seinen
Unabhängigkeits-tag. Wir machen uns schick und
besuchen die Feier in Grigoriopol.
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Der erste Schultag am ersten September
wird in Transnistrien nach alter sowjetischer Tradition
als großes Fest begangen. Es ist ein schönes
Fest. Am Ende führen die ältesten Schüler
die kleinsten Schüler mit ihren weißen Schleifen
und Strümpfen in die Schule. In den Tagen zuvor
haben die Lehrerinnen die Wände neu gestrichen
und Blumen mitgenommen. In Clawdias Schulklasse steht
eine Zeile von Majakowski an der Tafel: Dir singe ich,
meine Heimat, meine Republik.
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Das Lebensmittelgeschäft von Karmanowo.
Ausflug mit Galja zum See und
zu den Picknickplätzen.
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Eines der Mosaike an den Wänden
des Polytechnikums von Karmanowo. Das Polytechnikum
wurde in den 60er Jahren gebaut und ist für 1200
Ausbildungsplätze im Bereich der Veterinärmedizin
ausgelegt. Blumen säumen die Prospekte. Jetzt gibt
es 120 Studenten und Studentinnen. Man hat groß
gedacht, sagt Thomas.
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In Karmanowo
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Wir wohnen bei Clawdia Nesterowa oder Clawdia Wladimirowna,
wie sie die Schüler nennen. Sie unterrichtet russische Sprache
und Literatur. Russisch ist Hauptverkehrs-sprache im Dorf Karmanowo
in Trans-nistrien.
Clawdia lebt im Haus, das ihre Eltern gebaut haben und bewirtschaftet
einen großen Garten. Wein beschattet den Hof. Meistens wohnt
auch ihre Schwester Galja bei ihr. Galja hat eine Wohnung in den
Blocks beim Polytechnikum, aber hier wartet die Arbeit.
Ihr Bruder ist Seemann in Murmansk. In den meisten Jahren besucht
er sie. Der Weg von Murmansk sei gefährlich. In Karelien gäbe
es Wegelagerer, die von den Bergen Felsbrocken auf Autos würfen.
Manchmal kommt Galjas Tochter Olja zu Besuch. Sie arbeitet bei der
Miliz in Grigoriopol. Ihren Uniformrock trägt sie gekürzt,
wie die meisten Milizionärinnen es tun.
Clawdia hatte mir geschrieben, dass es nur zweimal in der Woche
Wasser gäbe bei ihnen. Wenn mich das nicht schrecke, so sei
ich willkommen. Das Mittwochswasser ist nicht gekommen, als wir
in Karmanowo waren.
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Am Abend holen wir Wasser aus Oljas Wohnung im neunten
Stock. Im Treppenhaus gibt es kein Licht. Die Straßenlaternen
sind nicht in Benutzung. Wir kaufen Eis, das uns großartig
schmeckt. Es riecht nach Heu, als wir durch das dunkle Land nach
Hause fahren. Ein Schild sagt: Odessa, 105 Kilometer.
Wir baden mit der Dorfjugend im See. Wir bewundern Plätze,
die sich für ein Schaschlik mit Freunden eignen. Wir sehen
die Brigaden Pflaumen pflücken. Oljas Opa schenkt uns ein Glas
Honig und sein Freund eine Honigwabe.
Am zweiten September begeht Transnistrien seinen Unabhängigkeitstag.
Wir machen uns schick und besuchen die Feier in Grigoriopol. Manche
Frauen kommen in Abendrobe. Jedes Dorf hat einen Hof angelegt und
präsentiert die Früchte seiner Arbeit. Es gibt Paprikagirlanden
und Berge von Wein. Aus Tomaten und Pflaumen sind Muster gelegt
und das Kürzel der Republik.
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Die Mitarbeiterinnen des Radiotelezentrums singen
russische, ukrainische und moldawische Lieder. Am höchsten
geht es bei den Apothekern her.
Auf dem Weg nach Tiraspol heißt die Miliz uns anhalten und
beanstandet unsere Fahrweise. Das werde ein Protokoll geben müssen!
Junger Mann, sagt Clawdia, heute ist unser Nationalfeiertag,
und dies sind unsere Gäste. Sie sind zum ersten mal bei uns
in der Republik, und sie sind begeistert. Es liegt in ihrer Hand,
diesen guten Eindruck nicht zu zerstören.
Der beste Supermarkt der Stadt gehört dem Sheriff-Imperium
an. Wir kaufen Würste, Räucherfisch und Torte, um unseren
Abschied zu feiern. Kiewer Torte solle gekauft werden, sagt
Olja, die sei schon immer die beste gewesen.
Clawdia hält eine schöne Rede. Sie versichert mir, dass
mein Name im Russischen einmalig elegant klinge: Ana Pawlowna Korablowa.
Das finde ich auch.
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