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Was soll für Deutschland stehen?
Die Korrespondentin der Galerie für Zeitgenössische
Kunst Leipzig für die Länder Ost-und Südosteuropas
bittet die MitarbeiterInnen und Mitarbeiter um Rat (mehr)
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Volkskunst aus dem Erzgebirge wird mich auf Fotos begleiten
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Braunkohle reist in meinem Koffer
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Lebende Sachverhalte
Solche und ähnliche Begriffe enthält der Beitrag
eines Mitarbeiters der Leipziger Steuerfahndung (mehr)
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Marlene
Erst habe sie überlegt, ob sie mir einen Band von Goethe
mitgebe ...(mehr)
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Ja, das möchste:
Eine Villa im Grünen mit großer Terrasse,
vorn die Ostsee, hinten die Friedrichstraße ... (mehr)
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Von außen gesehen
Wenn Lena Prents nach Minsk fährt ... (mehr)
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Das erste, was ich für meinen Koffer bekommen
habe, waren Braunkohlebriketts. Der Braunkohleabbau sei kennzeichnend
gewesen für die DDR, sagt Gisela Pataki. In keinem anderen
Land habe man so sehr auf die Braunkohle gesetzt. Andere bedeutende
Rohstoffe für die Energieerzeugung habe es in der DDR nicht
gegeben. Mibrag und Laubag steht auf den Briketts,
Rekord oder Romonta. Gisela hätte am liebsten ein Romonta-Brikett
gehabt. Romonta sind benannt nach dem Rohmontanwachs, das der Kohle
in der Rohmontanwachsfabrik Amsdorf entzogen wurde. Das Wachs habe
unter anderem in der Betonnachbehandlung Verwendung gefunden, oder
zumindest, sagt Gisela, habe sie es in der Schulzeit im Fach Produktive
Arbeit zu diesem Zwecke eingesetzt. Meine Briketts kommen
aus der Lausitz, Marke Rekord. Südlich von Leipzig und
in der Lausitz liegen die großen Tagebaugebiete. Die Braunkohleförderung
ist eine extensive Angelegenheit. Gisela sagt, es gehe wenig in
die Tiefe und darum in die Fläche. Von den ehemals 39 Tagebauten
der DDR fördern nur noch 6. Die Rekord-Brikettfertigung ist
die letzte ihrer Art und mein Briketts sind es damit irgendwie auch.
Aus den riesigen Gruben werden Seen und Naherholungsgebiete. Südlich
von Leipzig entsteht das Neuseenland mit Jachthafen und Gastronomie.
Die Arbeitsplätze sind verloren, wie auch die meisten Arbeitsplätze
in der chemischen und der Stahlindustrie. Beim Bratwurstverkauf
an den neuen Badeseen, da könnte vielleicht jemand gebraucht
werden. So viele ziehen weg in den Westen, sagt Gisela,
und dort verändern sie sich auch. Dennoch sei ihr
erzählt worden, dass die, die weggezogen sind, mit großer
Wahrscheinlichkeit Weggezogene kennen lernten, wenn sie jemanden
kennen lernten, als ob sie sich riechen könnten.
Auf meine Frage nach etwas, das Deutschland repräsentieren
kann, habe sie die Braunkohle ausgewählt, weil sich an ihrem
Beispiel über vieles sprechen lasse: über typische Industrieprodukte,
über die Veränderung der Landschaft durch die Industrie,
über die Arbeitslosigkeit, über den Wandel seit 1989 und
das Verschwinden der DDR. Vieles davon sei den Menschen in den ehemaligen
sozialistischen Bruderländern sicher vertraut. Außerdem
hätten sie bestimmt in der Schule die Wirtschaft in der DDR
durchgenommen, so wie sie in der DDR die Wirtschaft in Bulgarien,
Polen oder der Sowjetunion durchgenommen haben, wogegen die Industrieproduktion
der BRD nicht Teil der Erziehung gewesen sei. Vielleicht gäbe
es also für die, denen ich meinen Koffer vorstelle, etwas wiederzuerkennen!
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Was soll für Deutschland
stehen?
Die Korrespondentin der Galerie für Zeitgenössische
Kunst Leipzig für die Länder Ost-und Südosteuropas
bittet die MitarbeiterInnen und Mitarbeiter um Rat
Wie möchten Sie das Land, in dem Sie leben,
dargestellt und gesehen wissen? Wie soll dieses Land repräsentiert
werden? Ist ihr Land der Ort ihrer alltäglichen
Erfahrungen mit seinen Bauten, Verkehrsmitteln, Arbeitsplätzen
und Speisen? Oder macht ihr Land das aus, was diese Bauten
und Verkehrsmittel von denen in anderen Ländern unterscheidet?
Besteht ein Land aus seiner Geschichte oder den Leistungen,
die in ihm erbracht wurden? Würden Sie diese Frage anders
beantworten, je nachdem, wo und für wen ihr Land sich
präsentiert?
Diese Fragen habe ich den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern
der GfZK gestellt. Ihre Antworten werde ich auf meinen Reisen
durch Bulgarien, Mazedonien und Weißrussland, durch
Estland, Lettland, Litauen, Rumänien und Moldawien vorstellen.
Die Menschen, die ich kennen lerne, werde ich das gleiche
fragen bezogen auf das Land, in dem sie leben: Wie soll ich
Bulgarien in Leipzig dargestellen? Was soll ich mitnehmen?
Worüber soll ich schreiben?
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Eine Flasche Riesling, sagt Ilina Koralova, Kuratorin
der Galerie. Mit dem Riesling verbinde man Deutschland. Sie
gibt mir Wein von einem sächsischen Weingut mit, das
sie mit ihrem Bruder zu einer Weinprobe besucht hat. Ihr Bruder
leitet in Sofia eine Feinschmeckerzeitschrift. Der Wein, den
ich mit auf die Reise nehme, solle nicht nur angesehen, er
dürfe auch getrunken werden!
Pfefferkuchen sagt Annett Koch. Sie ist in der
Galerie normalerweise für die interne Organisation zuständig,
momentan aber im Erziehungsurlaub. Deutsche Weihnachten seien
etwas sehr Typisches, nur bei uns würden sie in dieser
Weise gefeiert, mit Heiligabend, den Feiertagen und der Familie.
Die Pfefferkuchen stehen für diese Art, Weihnachten zu
feiern. Annett hat vor kurzem einen Sohn bekommen. Die letzten
Wochen ihrer Schwangerschaft sind in die Vorweihnachtszeit
gefallen. Wie viele Pfefferkuchen sie da gegessen habe! Jetzt
könne sie sie nicht mehr sehen.
Man wolle doch im Ausland etwas Positives berichten und nicht,
dass überall Glatzen herumlaufen. Ihr sei es unangenehm,
wenn in anderen Ländern die Menschen von ihr dächten,
dass sie sich von ihrer Misere keine Vorstellung machen könne
und dort lebe, wo Milch und Honig flössen, so als ob
das ihre Schuld sei, dass sie in einem Land geboren sei, in
dem es ihr gut gehe, gemessen an den schwierigen Umständen
in anderen Ländern.
Weihnachten sei ein unverfängliches Thema, sagt Annett.
Ich habe sie gefragt, ob sie das, was ich mitnehmen soll,
auf die Länder abgestimmt habe, in die ich fahre, und
ob sie mir für andere Teile der Welt anderes gäbe.
Wir konnten beide schwer einschätzen, was und wie viel
man in den Ländern Osteuropas von Deutschland weiß.
Annett meinte, allzu viel könne es wohl nicht sein. In
Bulgarien sei das Bild vielleicht anders, denn dort habe es
immer Touristen gegeben. Rumänien ist für sie der
Inbegriff der Armut. Ihre Schwester sei in den achtziger Jahren
in Rumänien gewesen, und ein Pferd sei auf der Straße
vor Hunger zusammengebrochen.
Brigitte Schöppner leitet die Bibliothek der GfZK. Sie
hat für meinen Koffer Informationsmaterial vom Arbeitsamt
besorgt: Vermittlungsgutscheine, Berufskundehefte, ein Faltblatt
der Kirchlichen Erwerbsloseninitiative, die Zeitung Markt
und Chance mit der Titelschlagzeile Arbeitslos - was
nun? Brigitte sagt, sie wolle nicht, dass ich ein geschöntes
Bild von Deutschland vermittele. Es solle ruhig jeder wissen,
dass hier nicht alles Gold sei, was glänze. Mit der EU-Erweiterung
seien Schwierigkeiten und Ängste verbunden: So verlagerten
große Firmen ihre Produktionsstätten und Wirtschaftsexperten
würden empfehlen, den Arbeitslohn im Osten Deutschlands
angesichts der steigenden Konkurrenz zu senken, um die Arbeitslosenlosenzahlen
nicht zu hoch wachsen zu lassen.
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Wenn
die Weihnachtssachen nicht wären, wäre unser Keller
leer.
Volkskunst aus dem Erzgebirge wird
mich auf Fotos begleiten
Angela und Jürgen Böhnke arbeiten gemeinsam in
der GfZK. Angela kommt aus Schneeberg im Erzgebirge. Sie wolle
mir etwas mitgeben, sagt sie, das für diese Region Deutschlands
typisch sei, und das sei eine Weihnachtspyramide. Erzgebirge
ohne Weihnachten, das ist wie Baikonur ohne Raketen!
Angela gibt mir acht Fotos. Sie zeigen ihre Weihnachtspyramide
in den Wohnzimmern der verschiedenen Wohnungen, in denen sie
gelebt haben. Das sei ihr gar nicht bewusst gewesen, sagt
sie, dass sie die Pyramide fast jedes Jahr in der Weihnachtszeit
fotografiert habe. Das neueste Foto zeigt Jürgen und
sie mit der Pyramide, wie sie jeder drei Finger hochhalten.
Das Bild hätten sie an ihrem 33. Hochzeitstag gemacht,
nachdem sie den Tag mit einem Konzert und einem guten Essen
im Leipziger Gewandhaus gefeiert hätten. Der Abend habe
so viel gekostet wie damals die Pyramide. Die Pyramide haben
Jürgen und sie kurz nach ihrer Hochzeit gekauft. So eine
Weihnachtspyramide sei in der DDR kaum zu bekommen gewesen,
Bücktischware sei das gewesen, und die erzgebirgische
Volkskunst sei fast ausschließlich in den Westen gegangen,
vielleicht dass es in Wandlitz mal etwas zu kaufen gegeben
habe. Auch im sozialistischen Ausland sei sie vermutlich so
schwer zu bekommen gewesen wie in der DDR.
Das Schnitzen, Klöppeln und Laubsägen habe man
früher im Erzgebirge im Nebenerwerb betrieben, der Armut
wegen. Vom Bergbau habe man gelebt. Früher sei Silber
abgebaut worden, dann Kohle und Uran. Um den Uranabbau habe
sich in der DDR die SDAG Wismut gekümmert, eine Sowjetisch-Deutsche
Aktiengesell-schaft und als solche vermutlich einzig in ihrer
Art. Heute ist der Uranabbau eingestellt.
Im letzten Jahr habe sie in der Weihnachtszeit gesehen, dass
Weihnachtspyramiden angeboten wurden, die man nicht im Erzgebirge
hergestellt habe. Das würde sie ablehnen, so eine Pyramide
zu kaufen, sagt Angela.
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Lebende Sachverhalte
Solche und ähnliche Begriffe
enthält der Beitrag eines Mitarbeiters der Leipziger
Steuerfahndung
Ob ich Stephan Schikora für seinen Beitrag dankbar bin,
werde ich nach meinen Reisen entscheiden. Er hat ein Buch
ausgewählt, herausgegeben vom Bundesministerium der Finanzen,
mit den Bestimmungen für die Einkommenssteuer im Jahr
2001. Das Buch enthält 1881 Seiten, und die wiegt es
auch. Fast jedes Jahr gäbe es ein neues, sagt Stephan,
und immer sei die Einkommenssteuer grün, im Gegensatz
beispielsweise zur Gewerbesteuer, welche blau sei.Und
so definiert man Steuern: Steuern sind einmalige oder laufende
Geldleistungen, die nicht eine Gegenleistung für eine
besondere Leistung darstellen, und die von einem öffentlich-rechtlichen
Gemeinwesen zur Erzielung von Einkünften allen auferlegt
werden, bei denen der Tatbestand zutrifft, an den das Gesetz
die Leistungspflicht knüpft.
Stephan hat mir erklärt, dass unsere Steuergesetze auf
die Reichsabgabenordnung zurückgehen und dass sie eine
Lenkungsfunktion haben: Steuern sind über den Einnahmezweck
hinaus Instrumente der Wirtschafts-und Sozialpolitik.
Mir sei erzählt worden, dass 70% aller Steuergesetze
weltweit auf deutsche Steuergesetze zurückgingen, sage
ich. Das könne schon sein, sagt Stephan. Seine Idee,
das Einkommensteuer-Handbuch für das deutsche Staatswesen
stehen zu lassen, hänge im übrigen mit seinem beeindruckenden
Umfang zusammen beziehungsweise mit der Zweischneidigkeit
der Tatsache, dass es einen solchen Umfang habe: Es gäbe
so viele Bestimmungen zur Einkommensteuer aufgrund des Bestrebens,
möglichst vielen Personen- und Berufsgruppen gerecht
zu werden. Man bemühe sich um eine differenzierte Struktur,
um der differenzierten Wirklichkeit nahe zu kommen. Um Gerechtigkeit
gehe es also! Auf der anderen Seite böten sich damit
Lobbyisten und Interessenvertretern Möglichkeiten, Sonderrechte
und Ausnahmen durchzusetzen, was wiederum zu Ungerechtigkeit
führe, denn die Gerechtigkeit messe sich dann an der
Macht der Interessenvertretung.
Im Hinblick auf meine diplomatische Mission lässt sich
noch sagen dass bei Staatsneugründungen, von denen es
so viele gegeben hat seit dem Zerfall der Sowjetunion, der
Versuch anderer Länder, die Grundgedanken der eigenen
Gesetzgebung in diese neuen Länder zu exportieren, eine
beliebte Möglichkeit darstellt, um Einfluss zu nehmen
und sich oder der eigenen Wirtschaft Vorteile in der Zusammenarbeit
zu sichern.
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Wo kommst du her?
Julia Schäfer hat das Thema Mobilität gewählt.
Das Thema präge ihr eigenes Leben, sagt sie, wie auch
das Leben vieler anderer in Deutschland. Viele Ostdeutsche
führen jede Woche in den Westen, weil es dort Arbeitsplätze
oder Lehrstellen gäbe. Je schwieriger die wirtschaftliche
Lage sei, desto mehr Mobilität werde von den Menschen
erwartet. Die Sache habe positive und negative Aspekte, sagt
Julia. Man könne immer Sehnsucht nach dem haben, was
man gerade nicht hat, nach dem Neuen wie nach dem Vertrauten.
Sie gibt mir eine Landkarte mit auf den Weg, auf der sie alle
acht Städte markiert hat, in denen sie schon gelebt hat.
Außerdem werde ich zwei Gedichte vortragen, die Unterstützung
im mobilen Leben bieten: Die Stufen von Hermann Hesse
und das Gedicht Das Ideal von Tucholsky. So geht es:
Ja, das möchste:
Eine Villa im Grünen mit großer Terrasse,
vorn die Ostsee, hinten die Friedrichstraße;
mit schöner Aussicht, ländlich-mondän,
vom Badezimmer ist die Zugspitze zu sehn -
aber abends zum Kino hast dus nicht weit.
Das Ganze schlicht, voller Bescheidenheit:
Neun Zimmer,- nein, doch lieber zehn!
Ein Dachgarten, wo die Eichen drauf stehn,
Radio, Zentralheizung, Vakuum,
eine Dienerschaft, gut erzogen und stumm,
eine süße Frau voller Rasse und Verve -
(und eine fürs Wochenend, zur Reserve)-
eine Bibliothek und drumherum
Einsamkeit und Hummelgesumm.
Im Stall: Zwei Ponies, vier Vollbluthengste,
acht Autos, Motorrad - alles lenkste
natürlich selber - das wäre ja gelacht!
Und zwischendurch gehst du auf Hochwildjagd.
Ja, und das hab ich ganz vergessen:
Prima Küche - erstes Essen -
alte Weine aus schönem Pokal -
und egalweg bleibst du dünn wie ein Aal.
Und Geld. Und an Schmuck eine richtige Portion.
Und noch ne Million und noch ne Million.
Und Reisen. Und fröhliche Lebensbuntheit.
Und famose Kinder. Und ewige Gesundheit.
Ja, das möchste!
Aber, wie das so ist hienieden:
manchmal scheints so, als sei es beschieden
nur pöapö, das irdische Glück.
Immer fehlt dir irgendein Stück.
Hast du Geld, dann hast du nicht Käten;
hast du die Frau, dann fehln dir Moneten -
hast du die Geisha, dann stört dich der Fächer:
bald fehlt uns der Wein, bald fehlt uns der Becher.
Etwas ist immer.
Tröste dich
Jedes Glück hat einen kleinen Stich.
Wir möchten so viel: Haben. Sein. Und gelten.
Daß einer alles hat:
das ist selten.
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Marlene
Erst habe sie überlegt, ob sie mir einen Band von Goethe
mitgebe, sagt Heidi Stecker. Sie liebe Goethe. Wenn Goethe,
dann aber zusammen mit dem Steppenwolf von Hermann
Hesse als Kommentar. Im Steppenwolf betritt der Protagonist
ein gutbürgerliches Wohnzimmer. Das obligatorische Klavier
ist da und die obligatorische Goethebüste steht darauf.
Genial frisierter Greis sagt an dieser Stelle
der Steppenwolf.
Entschieden hat sie sich für eine Fotografie von Marlene
Dietrich. Marlene Dietrich hat sich bei Jean Gabin eingehakt.
Sie trägt eine amerikanische Armeeuniform. Als Schauspielerin
und schöne Frau habe sie sie ausgewählt, und als
Mensch, der sich politisch entschieden und gehandelt habe.
Klugheit, Schönheit, Disziplin, Glamour. Sie sehe sie
einfach gern an und ihr gefalle ihre Art, sich zurechtzumachen.
Marlene Dietrich hat den größten Teil ihres Lebens
nicht in Deutschland gelebt und sich während und wegen
des Nationalsozialismus und des 2. Weltkrieges gegen Deutschland
gestellt. Gerade deshalb stünde Marlene Dietrich für
eine Art von deutsch sein, die sie akzeptabel finde, sagt
Heidi, nämlich ziemlich undeutsch.
Auch Goethe habe schließlich seine beste Zeit in Italien
gehabt!
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Von außen gesehen
Wenn Lena Prents nach Minsk fährt, nimmt sie Fotos
mit, die ihren Freunden und ihrer Mutter dort einen Einblick
in ihr Leben in der heimisch gewordenen Fremde gewähren.
Es gibt Fotos, die für ihre Mutter interessant sind,
wie etwa ein Bild der Wohnung und der Straße, in der
Lena wohnt. Andere Bilder werden für Freunde ausgesucht.
Eine Auswahl aus beiden Kategorien steuert Lena zu meinem
Koffer bei.
Barbara Steiner hat sich erinnert, was ihr in Deutschland
aufgefallen ist, als sie vor 10 Jahren begonnen hat, hier
zu arbeiten, in Hamburg, Ludwigsburg, Wolfsburg und Leipzig:
Die Kehrwoche zum Beispiel, zu der sie per Schild an der Klinke
der Wohnungstür abwechselnd mit den anderen Hausbewohnern
aufgefordert wurde, oder die Kerzen, die in jedem Lokal zu
jeder Tages- und Jahreszeit für die Gäste angezündet
werden. Oder etwa die Sitte, Gäste zum Frühstück
zu sich nach hause zu laden, das mache man in Österreich
einfach nicht!
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