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An der Ostsee
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Hinter der Brücke beginnt Karosta.
Die Brücke kann sich für den Schiffsverkehr öffnen.
Sie öffnet sich nicht nach oben, sondern zur Seite, technisch
der letzte Schrei am Ende des 19. Jahrhunderts.
Wir wohnen in der Kathedralstraße. Das Haus, in dem
wir wohnen, war einmal das Hauptquartier der baltischen Flotte
in Karosta. Es war ein Haus voller repräsentativer Säle
und eleganter Salons. Karosta wurde Ende des 19. Jahrhunderts
von Zar Alexander III. gebaut im Zuge der militärischen
Stärkung der Landesgrenzen. Der Stützpunkt wurde
ausge-stattet mit überdachten Exerzierplätzen für
die Kavallerie, einer ordinären Post und einer Post für
den Brieftauben-verkehr, einer orthodoxen Kirche und einem
Palast. Der Palast ist jetzt Teil des Geländes, das die
Nato, vertreten durch die lettische Armee, zur Rekrutenschulung
nutzt. Von früh bis spät hört man die lettische
Armee singen und marschieren.
Die Marine des Zaren residierte nicht lange in Karosta. Kaum
war die Stadt fertiggestellt, begann 1905 die Revolution.
Nach der zaristischen kam die lettische Armee, dann die deutsche,
dann die sowjetische, und jetzt wieder die lettische.
Karosta ist ein Teil der Stadt Liepaja. In der Sowjetzeit
wurde ganz Liepaja zur geschlossenen Stadt erklärt. In
Karosta lebten die Angehörigen der sowjetischen Armee
und ihre Familien, die aus allen Teilen der Sowjetunion hierher
beordert wurden. Eigene Baukolonnen bauten zusätzliche
Wohnblocks in den Kiefernwald. Karosta war selbst für
die Einwohner Liepajas geschlossen. Hier wurde ausschließlich
russisch gesprochen. Die ganze Küste war eine Zone besonderer
Bewachung. Große Suchscheinwerfer zogen nachts ihre
Bahnen, und ab 22 Uhr wurde der Strand geharkt, um nächtliche
Fußspuren und deren Verursacher zu finden. Die Versorgungslage
soll innerhalb von Karosta bedeutend besser gewesen sein als
in Liepaja: Manche Leute erinnern sich heute mir Wehmut an
die Zeiten, als es Wassermelonen zu solch günstigen Preisen
gegeben habe, sagt Kristina.
25 000 Einwohner hatte Karosta. Als die Sowjetarmee
abgezogen wurde, blieben 6000. Sie waren in Pension oder hatten
als Zivilisten für die Armee gearbeitet.
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Kristina und Carl haben einige der alten Gebäude
auf 20 Jahre gemietet, um sie zu einem Kulturzentrum für
alle Bewohner der Stadt zu machen. Es gibt Internet und Videoschnitt,
Kindergruppen und Fahrradverleih, ein Café und Ferienarbeit
für die Jugendlichen.
Mit dem Beginn der lettischen Unabhängigkeit seien die
sowjetischen Militäreinrichtungen zu ungeliebten Objekten
geworden, sagt Kristina. Niemand habe sich um die Gebäude
gekümmert, und dann habe die Plünderei begonnen.
Der Schrotthändler von Karosta hatte 24 Stunden
geöffnet. Es gibt Gebäude, die aussehen, als
seien sie niemals fertig geworden, so konsequent sind Fenster,
Türen, Regenrinnen und Heizungen abgebaut worden.
Manche Menschen hätten die Zeit nur eben so überlebt,
sagt Kristine, aber sie hätten nicht wieder begonnen,
sich zurecht zu finden.
Ljudmila arbeitet in der Galerie von Karosta.
Kaum jemand könnte mit mehr Freude Gäste in einer
Galerie empfangen. Vor allem viele junge Menschen kämen,
und diese jungen Menschen seien schön, zuversichtlich
und kultiviert, ganz anders als die Alten, die jammerten und
sich beschwerten, mit nichts zufrieden seinen und sich über
nichts freuten, Gucken sie sich das an, da sehen sie
es mal wieder sagten oder Uns gibt keiner etwas.
Hoffnungsvolle und strahlende junge Leute mit glänzenden
Augen soll ich malen, wenn es darum geht, Lettland darzustellen,
sagt Ljudmila.
Sie ist 66 Jahre alt. Wir sprechen russisch und englisch,
und Ljudmila will alles, was sie auf englisch sagen kann,
auf englisch zu sagen.
Seit 11 Jahren wohnt sie nun in Karosta. Vorher hat sie im
Zentrum von Liepaja gewohnt, in einer kommunalen Wohnung,
wo sich mehrere Familien die Küche teilten. Die Küche
sei klein und immer besetzt gewesen, das sei fuchtbar gewesen.
Sie hat 30 Jahre in der Metallfabrik gearbeitet und auf das
Anrecht auf eine eigene, unabhängige Wohnung gewartet.
Nun wäre die Zeit bald um gewesen und sie hätte
das Anrecht bekommen, doch sie habe nicht mehr warten wollen,
und so sei sie nach Karosta gezogen, obwohl Karosta ihr nicht
gefallen habe und bis heute nicht gefalle.
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Bürger und Nicht-Bürger Wassilij
Borjajews Beitrag zur Ausstellung (mehr)
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Als Arte fast den Abend vermasselt hätte
(mehr)
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Vortrag vor Flagge, Maja-kowski in Mexiko (mehr)
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Der Lette und das Land (mehr)
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Wassilij Borjajews Beitrag zur
Ausstellung
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Was Wassilij erzählt:
Sein Großvater hat Handel getrieben im Oblast Gorki.
Er ist als junger Mann im 1. Weltkrieg gestorben. Er hatte
viele Söhne, die studierten. Zwei wurden Offiziere, einer
bei der weißen, einer bei der roten Armee. Einmal haben
sie auf der Krim gegeneinander gekämpft. Der Offizier
der Weißen ging in die Türkei und nach Bulgarien.
Dort hat er gearbeitet, und dort ist er gestorben. Der Offizier
der Roten brachte es bis zum General. 1934 wurde er ermordet.
Die Familie eines seiner Onkel besaß eine Mühle.
Sie hatten sieben Kinder. Sie wurden nach Sibirien gebracht,
der Mühle wegen, 1929.
Im zweistöckigen Haus im Oblast Gorki
waren seine Oma übrig, seine Eltern, seine Brüder
und er. Sie wurden enteignet und der Vater sollte in der Kolchose
arbeiten. Da ging die Familie nach Leningrad. In Leningrad
haben sie in einer hölzernen Baracke gelebt, zu sechst
auf 23 qm. Wassilij zeichnet den Korridor, die Zimmer, die
eine gemeinsame Küche und die eine gemeinsame Toilette
für alle 15 Familien, die in der Baracke lebten. Alles
wurde ihnen weggenommen, als sie aus dem Oblast Gorki weggingen
und nach Leningrad kamen. Eines Tages sah die Oma in einer
Zeitung Fotos der sechs ersten Helden der Sowjetunion. Unter
ihnen war ihr Mann, der im ersten Weltkrieg gestorben war.
Mit der Zeitung ist sie sich beschweren gegangen über
die schlechte Behandlung, die ihr, der Witwe eines Helden,
zu Teil wurde, und es wurde besser.
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Dann kam die Belagerung von Leningrad, da ist
er noch zur Schule gegangen. Wassilij erzählt, was sie
gegessen haben. Weil ich das russische Wort für Leim
nicht verstehe, zeigt er mir einen Klebestift. Eine Granate
ist neben ihm explodiert. Seitdem stottert er. Als er seine
Frau kennen gelernt habe, da sei seine Haut noch stachelig
gewesen wie die eines Igels von den Spitzen der Granatsplitter.
Er hat viel Zeit in Krankenhäusern verbracht.
Seit 1952 arbeitet er in Karosta. Er war der
einzige Fotograf in der militärischen Siedlung Karosta.
Er hat Feste fotografiert, Passfotos und Portraits. Die Kamera,
mit der er arbeitet, ist über hundert Jahre alt. Die
Verschlusszeiten scheint er per Hand und nach Erfahrung zu
regeln.
Und jetzt, sagt Wassilij, habe man ihm keine
lettische Staatsbürgerschaft gegeben. Er ist ein Nicht-Bürger.
Er sei jetzt ein Okkupant. Was an ihm ein Okkupant
sei! In drei Monaten würde er 80. Er könne kein
Lettisch lernen, er könne ja kaum seine eigene Sprache
sprechen.
Die Pässe für Nicht-Bürger haben eine andere
Farbe als die für Bürger.
Seine Geschichte solle ich in der Ausstellung vorstellen.
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Eine Bewohnerin von Karosta läßt sich fotografieren.
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Ein Lette fühlt sich als Lette,
wenn er mit den Händen im Boden gräbt, sagt
Edgars. Edgars arbeitet an der Uni in Riga und betreibt mit
seinen Freunden das Do-It-Yourself-Kulturzentrum in
Kuldiga. Durch Kuldiga fließt breit die Venta. Es regnet,
die Kinder baden im Wasserfall und der Jasmin blüht.
Edgars ist nett und entspannt und wird von seinem Bruder gebracht.
Mit dem bourgoisen Auto meines Bruders sagt er.
Er hat Spanisch studiert, weil das Spanische ihm interessant
und exotisch erschien.
In Riga führt uns Ilva in ein jamaikanisches
Restaurant. Wenn sie wirklich sagen solle, was den meisten
Letten bei Lettland einfällt, so sei es ein Bauernhof,
sagt Ilva, auch wenn das fern der heutigen Realität sei,
denn kaum jemand lebe auf dem Land, und bestimmt auch fern
aller zukünftigen Realität.
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Wenn von der EU-Wirtschaftspolitik die Rede
sei, so denke man in Lettland an Landwirtschaftspolitik. Ein
Teil des Misstrauens, das es in der Bevölkerung gegenüber
der EU gebe, habe mit der Angst zu tun, dass die lettische
Landwirtschaft unter der neuen Marktordnung leiden und ihre
Produkte die Normen der Europäischen Gemeinschaft nicht
erfüllen könnten.
Sie hätten keine nationalen Symbole in Lettland, sagt
Ilva, sie hätten als gemeinsame identitätstiftende
Idee nur das Land.
Die lettischen Münzen zeigen Fische und Kühe, die
Banknoten Eichen, Höfe und Landschaften.
Nach der Wende, sagt Ilva, als niemand mehr Arbeit hatte,
seien tatsächlich einige Familien aufs Land gezogen,
um die von ihren Familien geerbten Felder zu bebauen und so
zu überleben. Meistens seien es die
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Männer gewesen, die sich Ackerbau, Viehzucht
und Selbstversorgung zugewandt hätten, während Frauen
und Kinder in Riga geblieben seien.
Überhaupt habe es nach der Wende interessante Karrieren
gegeben. Insbeson-dere Schauspieler seien erfolgreiche Ge-schäftsleute
geworden.
Was sie in Deutschland vermisst habe, seien
lettische Milchprodukte gewesen, sagt Ilva. Für die Ausstellung
schlägt sie deshalb Karums vor, eine Süßigkeit
aus Quark und Schokoladenglasur. Karums würden
im übrigen auch in Litauen produziert. Letten und Litauer
versuchten gegenseitig, sich ihre Karums zu verkaufen.
Wäre die Ausstellung in den USA, so hätte
ich Schwarzbrot ausgesucht, sagt sie noch, denn
Schwarzbrot würde mir noch mehr fehlen als Milchprodukte.
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Vortrag vor Flagge, Majakowski
in Mexiko
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Da das Wetter schön ist, halte ich einen
Open-Air-Vortrag in den Ruinen eines der herrlichen Gebäude
der zaristischen baltischen Flottenkommandantur. Carl improvisiert
eine deutsche Flagge, die wie eine belgische aussieht. Aivis
baut schnell noch Bänke. Die Mädchen vom Café
bringen ihren größten Topf voll Tee, eingewickelt
in eine leuchtende Decke. Oleg verteilt Kuchen, den seine
Mutter gebacken hat. Oleg ist siebzehn und unser ständiger
Begleiter seit dem ersten Tag. Er habe eine schwierige Familie,
sagt Kristine, in der viel getrunken wird. Er freut sich sehr,
dass alle den Kuchen mögen. Nach dem Vortrag bekomme
ich Blumen aus den Dünen.
Die lokalen Zeitungen und das lokale Fernsehen sind mit großem
Aufgebot gekommen in der Vermutung, ich sei ein Mitglied des
diplomatischen Korps.
Am Abend wird von Mexiko, Majakowski und Eisenstein geredet.
Während Eisenstein Mexiko besonders gemocht habe, habe
Majakowski Mexiko nicht leiden können. Er habe es als
mild und weich bezeichnet. So ein Majakowski habe viel mehr
mit der
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Eroberung Sibiriens etwas anfangen können.
Mohammed soll gesagt haben: Wenn der Berg nicht zu mir kommt,
so muss ich zum Berg gehen. Majakowski soll gesagt haben:
Wenn der Berg nicht zu mir kommt, dann kann er mich mal.
Sie würde gern nach Mexiko reisen, sagt Kristine, um
zu merken, ob sie eher ein Majakowski- oder ein Eisenstein-Typ
sei.
Endlich erfahren wir die Wahrheit über das ja
im lettischen. Tatsächlich sei das ja mit den Deutschen
ins Land gekommen. In der lettischen Sprache sei ja
nicht vorgesehen gewesen, es habe nur nein gegeben.
Wenn auf lettisch gefragt wird Wie geht es dir?,
so antwortet der Lette mit Nichts, kurz für
Nichts schlimmes passiert heute. Wenn eine schöne
Frau vorbeikommt, so sagen lettische Männer Nichts,
was eine Abkürzung ist für Gibt schlimmeres.
Es sei möglich, Sätze mit sechs Verneinungen zu
bilden, um eine Bejahung auszudrücken. Kristine sagt,
es sei ihr unangenehm, dass der Schluss nahe liege, sie seien
eine negative Nation. Mal ganz davon ab, dass es stimme.
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Als Arte
fast den Abend vermasselt hätte
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In Riga tun wir das, was Kristines Rigaer Freunde
empfehlen. Wir besuchen das Museum der Okkupation,
eingerichtet im Gebäude des ehemaligen Museums der
Revolution. Vor dem Museum steht ein Denkmal der Lettischen
Schützen. Die Lettischen Schützen waren Lenins
Leibwache und hätten in gewisser Weise, sagt Ilva, den
Sieg Lenins und der Bolschewiken erst
möglich gemacht, oder zumindest haben die Litauer
und Esten das den Letten vorgeworfen, als wir alle noch Sowjetrepubliken
waren. Früher hätten sie Rote Lettische
Schützen gehießen.
Wir besuchen einen Ausstellungsort für zeitgenössische
Kunst auf zwei ausrangierten Schiffen auf der Daugava. Eine
Frau im prächtigen pinkfarbenen Kostüm und mit eben
solchem Lippenstift setzt sich an einen der Cafétische,
auf dem das pinkfarbene Ausstellungsplakat liegt. Sie behauptet,
sich keineswegs in ihrer Kleidung nach dem Plakat gerichtet
zu haben, vielmehr habe man das Plakat ihrer Kleidung angelehnt.
Sie ist zur Vorführung eines Bill-Viola-Videos gekommen.
Das Video befinden wir für existentialistisch düster.
Die Frau stellt sich als lettische Kulturministerin heraus.
Ich bin beeindruckt von Kulturministerinnen, die sich inkognito
Bill-Viola-Videos ansehen.
Ein Konzert mit minimal music wird besucht. Man gibt
Steve Reich.
Dann ist der Abend mit Kaspars gekommen, den Arte fast vermasselt
hätte. Kaspars ist Dokumentarfilmer und ein großer
Abenteurer vor dem Herrn. Er fährt mit uns durch die
Vororte von Riga, an den Hafen, an den Strand und über
alle Brücken. Er fährt einen VW-Bus, Baujahr 1987.
Außerdem hat Kaspars einen Opel Kadett von 1985, einen
bronzefarbenen BMW aus den späten 70ern
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und ein ordentliches silbernes Auto, das er
seiner ehemaligen Freundin überlassen hat. Den Bus fährt
er, wenn er unterwegs einen Ort zum Schlafen braucht. Den
BMW fährt er, wenn er eine Reise und mit ihr das Benzin
finanziert bekommt. Der Opel Kadett hat einen Dieselmotor.
Den Opel nimmt er, wenn er besonders wenig Geld hat und tankt
ihn dort, wo es Schiffs- oder Traktorendiesel gibt.
Jetzt seien alle seine Wagen in denkbar schlechtem Zustand,
sagt Kaspars. Er habe in den letzten Monaten einen Dokumentarfilm
für Arte umgearbeitet. Er handelt von einem Dorf,
das zum Zwecke des Torfabbaus vor 50 Jahren errichtet und
mit Arbeitern aus der ganzen Sowjetunion bevölkert wurde.
Da Arte keinen Vorschuss gezahlt habe, sei kein Geld
für Reparaturen im Haus gewesen. Es wid dunkel und beginnt
zu regnen. Auf dem Parkplatz am Strand bleibt der VW-Bus zum
ersten mal stehen. Er bleibt in Wohngebieten stehen und auf
Schnellstraßen. In einer engen, dunklen und vielbefahrenen
Kurve verbringen wir eine Viertelstunde. Wir sind uns einig,
dass Arte Schuld hat.
Es ist spät, als wir in eine Bar in Kaspars Nachbarschaft
gehen. Er empfiehlt Sowjetskoje Schampanskoje, denn
bei dem könne man sicher sein, dass er nicht mit Wasser
verdünnt würde. Eine betrunkene Frau versucht zu
tanzen. Immer wenn sie hinfällt, hebt eine andere sie
wieder auf. Früher, sagt Kaspars, in den 90er Jahren,
sei Riga voller Banden, Prostitution und Kriminalität
gewesen. Jetzt sei es auf dem besten Wege, eine langweilige
europäische Stadt zu werden: Jetzt bleiben die
Männer zu hause bei ihren Familien und zahlen ihre Schulden
ab.
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